SUMMER 2005

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REVIEWS AUGUST 2005

REVIEWS & ARTICLES 2002-2004

REZENSION

BILDERBUCH

ERSTE LIEBE

Bruno Blume: Tamara und die Liebe, Mit Bildern von Franziska Biermann, Altberliner Verlag, Muenchen 2005, 11,90 Euro

Ute Wegmann: Sandalenwetter, Deutscher Taschenbuch Verlag, Reihe Hanser, Muenchen 2005, 6,50 Euro

Gunnel Linde: Wie eine Hecke voll Himbeeren, Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2005, 11,90 Euro

Tamara freut sich ueber jeden Tag mit Tom, den sie schon Ewigkeiten kennt.

Sie wohnen Tuer an Tuer, sitzen in der Schule zusammen und sind gute Freunde. Ab und zu aergert sich die lebensfrohe und temperamentvolle Tamara ueber ihren introvertierten Freund, der immer den Weg des geringsten Widerstandes geht und sich sogar vor seiner Mutter fuerchtet. " Ich wuenschte, ich haette eine Mutter wie du. Eine, die mich liebt." Tamara kann Tom nicht verstehen, warum muss er immer alles hinausschieben, warum nicht direkt nachfragen und sich nicht wehren, ob nun gegen die Mutter oder Tante oder diesen bloeden Damian aus ihrer Klasse, der immer nur hirnlose Sprueche klopft? Wenn Tamara Fussball mit den Jungen spielt, dann schaut Tom zu. Aber irgendwie hat sich eine Missstimmung in ihre Freundschaft eingeschlichen. Tom schweigt in sich hinein, obwohl seine Probleme ihm auf der Stirn stehen, Lehrer Gerstenberg hat Tamara auf dem Kicker und beide gehen sich aus dem Weg. Da faellt beim Sport in dieser einen Woche, die so vieles aendern soll, dem Maedchen der stille Ehab auf. Ab wann kann man sich verlieben? Tamara traeumt auf einmal in den Tag hinein, kann sich kaum konzentrieren und alles scheint so verwirrend zu sein. Als sie Ehab zum erstenmal kuesst, entsteht auf einmal ein ganz neues Problem: Was machen Verliebte? Neugierig wie Tamara nun mal ist, hat sie ihren aelteren Bruder mit seiner Freundin Susa belauscht und beobachtet, obwohl, so richtig gesehen hat sie nicht, was da auf dem Bett geschehen ist zwischen den beiden. Kann man fuer die erste Liebe auch zu jung sein mit seinen neun Jahren? Die erste Liebe kann also auch ziemlich anstrengend sein. Und was wird Tom sagen? Verlieben kann man sich immer wieder, aber wie wichtig ist eine lange Freundschaft? Dabei ist Tamara nicht so wie Stefanie, die mal den einen Jungen suess findet und dann wieder einen anderen. Fuer Tamara ist das schon eine ernsthafte Geschichte.

Alle wunderbaren und komplizierten Seiten der Liebe spielt Bruno Blume in seiner sensibel erzaehlten Geschichte um Tamara, Tom, Ehab und die erste Liebe durch. Dass zur Liebe Ehrlichkeit, Vertrauen und Offenheit gehoeren, zeigt der Autor am deutlichsten in den unverbluemten Gespraechen zwischen Tamara und ihren Eltern, ohne erhobenen Zeigefinger und bravem Aufklaerungsunterricht. Auf verblueffend einfuehlsame und ueberzeugende Weise erzaehlt Bruno Blume von den Gefuehlen aus der Sicht des vorpupertierenden Maedchens. Leider etwas zu bemueht und ueberkorrekt erscheint die lesbische Liebe zwischen den algerischen Muettern von Ehab.

Auch in Ute Wegmanns schmalem Baendchen " Sandalenwetter" dreht sich alles um die erste Liebe. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der neunjaehrige Karl, der sich in Charlotte verguckt hat. Sie scheint jedoch von ihrem Glueck nichts zu ahnen. Da die Konkurrenz nicht schlaeft und Adrian ganz offen seine Zuneigung zeigt, besteht " akuter Handlungsbedarf ". Karl muss etwas unternehmen, etwas Mutiges, Aufsehenerregendes und hofft instaendig, dass ihm das sonnige Sandalenwetter und die allsommerliche Predigt seiner Mutter nicht in die Quere kommen. Aber wozu hat man Freunde, die einem in der Stunde der hoechsten Not ihre Turnschuhe leihen. " Sandalen sind nur ein kleines Hindernis auf dem Weg zum Glueck." Auf keinen Fall kann Karl vor Charlotte in Sandalen stehen, wenn er ihr seinen Brief am Koelner Bahnhof uebergibt. Immerhin schwaenzt er die Schule dafuer, da soll nichts schief gehen.

Ute Wegmann hat die Altersgruppe der Neun- bis Zehnjahrigen genau beobachtet, ihnen im wahrsten Sinne " auf's Maul geschaut " und eine kleine, feine Alltagsgeschichte ueber das erste Verlieben geschrieben. Die Welt steht Kopf. Der Koerper spielt verrueckt. Das Herz scheint zu zerspringen. Total durchgeknallt? Nein. Zum ersten Mal verliebt. Doch schon entflammen auch neue Gefuehle: Sehnsucht, Misstrauen, Eifersucht und Verlustangst wirbeln durcheinander. Sylvia erinnert sich in Gunnel Lindes Buch "Wie eine Hecke voll Himbeeren" an ihre erste Liebe, die mit 12 Jahren zu Pelle, dem Jungen, der so gern laut lachte, begann.

" Das war damals! Es ist einfach grossartig, wenn etwas gerade angefangen hat. In dem Augenblick kann es ja noch nicht aufhoeren." In Sylvias Worten schwingt von Anfang an eine vernuenftige Skepsis mit und auch ein bisschen Hoffnung. Weder Pelle noch Sylvia wollen vom " Dein fuer ewig!" sprechen und so waehrt die schoene Zeit des Verliebtseins und Zusammenseins auch nicht lang. Pelles Mutter greift ein und laesst ihren Sohn ein Schuljahr ueberspringen. So koennen sich Sylvia und Pelle nicht mehr so oft sehen und dann zieht Pelles Familie nach Suedschweden. Pelle ist eher der Suchende, nicht der Bestaendige und Treue in der Geschichte, Sylvia investiert schon mehr Gefuehle und empfindet den schmerzvollen Verlust tief. Doch irgendwann wird auch der den praktischen Dingen des Lebens weichen. Bittersuess ist dieses erste leichte, schoene Gefuehl vom Verliebtsein. Allerdings bleiben die Unsicherheiten nicht aus. Warum ruft Pelle nie an? Wie reagieren die Eltern, vor allem Sylvias Vater und Pelles Mutter? Wann sollte das erste Mal sein? Die erste Liebe ist nicht so suess wie eine Hecke voll Himbeeren. Glaubt man dem Cover, dann scheint es so, als ginge es um Herz und Schmerz, aber Gunnel Lindes Buch meidet jeden Kitsch und erzaehlt eine wundervolle Liebesgeschichte ohne Happy End.

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