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REZENSION

BELLETRISTIK


Henning Mankell: Tea-Bag, Deutscher Taschenbuch Verlag, Muenchen 2005, 9,50 Euro

" Ich muss eine Loesung finden, dachte er. Ich weiss nicht, in was ich da hineingeraten bin, ich weiss nicht, wieviel Verantwortung ich eigentlich trage. Aber ich bin in dieser Sache haengengeblieben, wie wenn man mit dem Fuss in einer Eisenbahnschiene haengenbleibt und versucht ihn herauszubekommen, waehrend der Zug sich unerbitterlich naehert."

Jesper Humlin, der begnadete Lyriker und Snob, ist nicht zu beneiden. Sein geordnetes Leben, von Poesie und Weltfremde erfuellt, geraet in seltsame Bahnen. An die Eigenheiten seiner Mutter ist er ja bewoehnt, seine Freundin moechte ein Kind - auch nicht so tragisch, aber dieses illegale eigentlich unsichtbare Einwanderermaedchen Tea-Bag ist ein harter Brocken. "Das Mädchen mit dem großen Lächeln" hat seinen Namen, wie vielleicht auch Teile seiner Biografie erfunden. Tea Bag ist an der spanischen Kueste gestrandet, interniert worden; sie hat eine Odyssee durch Europa angetreten, um schließlich in Schweden zu landen. Einem Schweden der Vororte, Verstecke und Verhoere; einer ‚Landschaft der Illegalität'. Humlin will ueber illegale Fluechtlinge schreiben, sie sollen sein Material werden, von dem er nicht die geringste Ahnung hat. Man bittet ihn, in einem Vorort-Boxklub Schreibkurse abzuhalten. Ein Bildungserlebnis, das in erster Linie dem Dichter zugute kommt, denn er, der mit Sprache umzugehen gelernt hat, weiß weniger zu erzaehlen als seine Schueler - Tea-Bag, Leyla, eine Iranerin und Tanja, die Russin. Langsam beginnt er zu ahnen, dass er mittendrin ist in einer ganz neuen, anderen Welt. Humlins Verleger hat sich aus wirtschaftlichen Gruenden darauf versteift, dass Humlin einen Kriminalroman schreiben soll. Als Gegenkonzept setzt der Autor sich in den Kopf ueber die Illegalen, die neuen Schweden, zu schreiben. Wie ein Running-Gag beginnen nun alle Kontaktpersonen von Humlin Buecher zu schreiben. Immer in der Angst lebend seine Mutter, sein Boersenmakler, Leyla oder seine Freundin koennten besser schreiben als er, geraet er unter Druck. Humlin faengt sich Schlaege ein, landet in fremden Wohnungen und will doch nur ueber wie er es bezeichnet, die" Kulturkollision " schreiben.

Mehr Wirklichkeit und Geschichten als er geahnt hat, werden ihm zugetragen und je mehr er sich engagiert, um so mehr Fehler begeht er und kapiert nichts vom Leben am Existenzminimum. Henning Mankell sucht die Gegensaetze zwischen Arm und Reich, Nord und Sued, ironisiert den Literaturbetrieb und trifft doch nicht ins Herz. Zu gewollt und konstruiert ist diese Geschichte ueber die verschiedenen Welten und ihre Konflikte.

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