SUMMER 2005

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REZENSION

BILDERBUCH

Geoffroy de Pennart: Rothuetchen, Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2005, 40 Seiten, 11,80 Euro

Bereits bei David Henry Wilson, der in seinen respektlosen Geschichten gerne Kinderklassiker auf die Schippe nimmt, ist der Wolf aus dem beruehmten Grimmschen Maerchen "Rotkaeppchen" das leidtragende Opfer. Ihn fuehren das hinterhaeltige Maedchen mit der roten Kappe und die ausgebuffte Grossmutter hinters Licht und heimsen den Medienruhm ein. Der Wolf ist nur der boese Bube. Die Welt ist ungerecht, keine Frage. Auch bei Geoffroy de Pennarts moderner Interpretation des Grimmschen Maerchens ist der Wolf der ungerecht behandelte und verkannte Zeitgenosse. Das nicht gerade sympathisch wirkende allzu laute Rothuetchen mit seinem runden Omahut verschreckt eher den in die Identitaestkrise geruschten Wolf, der kurz vorm Herzinfarkt steht. Als das rotgekleidete Maedchen ihn auch noch "Hundchen" nennt, platzt ihm der Kragen. Die Handlung koennte nun ihren gewohnten Lauf nehmen. Allerdings hat der Wolf nicht mit dem schnellen Auto der Grossmutter gerechnet, welches ihn kurzerhand ueber den Haufen faehrt. Geoffreoy de Pennart spielt gekonnt mit allen Maerchenelementen und stellt die Geschichte modern und gewitzt auf den Kopf. Das entsetzte Rothuetchen sieht den Wolf in Omas Bett schlummern und vermutet, dass das Ungeheuer getreu nach Grimmschem Text die Grossmutter gefressen hat. Sie schreitet zur Tat, um ein Messer zu holen. Doch die flotte Oma, dargestellt fern jeglicher Grossmutterklischees, ist auf dem Weg, um einen Tierarzt fuer den armen, verletzten Wolf zu holen. Niemand wird gefressen oder aufgeschlitzt und wie jedes gute Maerchen hat auch dieses ein versoehnliches und glueckliches Ende, womit sicher auch die kleinen Maeuse einverstanden sind, die die Szenerie begleiten.


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