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REZENSION

JUGENDBUCH

Mats Wahl: Kill, Carl Hanser Verlag, Muenchen 2005, 264 Seiten. 16,90 Euro

Vor drei Jahren hat Robert S. bei seinem Amoklauf durch eine Erfurter Schule 16 Menschen getoetet und am Ende sich selbst erschossen. Unvergesslich die grausige Bluttat in der amerikanischen Schule in Littleton. Kinder toeten Kinder. Mats Wahl wendet sich in seinem dritten Roman, in dem sein schwedischer Kommissar Harald Fors ermittelt, diesem Thema zu. Fors wird die Waffe von drei Jugendlichen bei einem naechtlichen Ueberfall gestohlen. Kurz darauf geschieht an der Vikingaschule das Unfassbare. Ein Schuetze toetet in der Mensa drei Kinder. Der Kommissar macht sich persoenlich Vorwuerfe, obwohl er auch ausserhalb des Dienstes die Waffe tragen sollte. Langsam kristallisiert sich heraus, dass die Tatwaffe seine gestohlene Pistole sein muss. Mats Wahl berichtet genau vom Polizeialltag, von der Kleinarbeit, den Verhoeren, dem unglaublich psychischen Druck, den taeglichen Risiken, aber auch den Sparmassnahmen, die in allen Bereichen greifen und die Arbeit mit gefaehrlichen Jugendlichen verharmlosen. Er zeigt die Hilflosigkeit der Politiker, die an den sozialen Problemen vorbeireden und mit aeusserlichen demonstrativen Aktionen niemals, die erreichen, um die es wirklich geht. Und Wahl geht in die Familien hinein, analysiert die Strukturen und zeigt Jugendliche ohne berufliche Perspektive, aber auch Kinder, die in gutsituierten, reichen Haushalten, alles bekommen, nur keine Waerme und Aufmerksamkeit.

Mats Wahl als wissender Erzaehler berichtet nicht chronologisch. Er nimmt Geschehenes und Empfundenes vorweg. Noch ehe der wahre jugendliche Taeter und seine Motive ins Blickfeld gelangen, trifft der Leser auf seine Mutter und wie sie im Radio vom Amoklauf an der Vikingaschule erfaehrt. „Es wuerde sie mit Entsetzen erfuellen, sie wuerde an ihren Sohn denken und sich vorstellen, eins der erschossenen Kinder koennte ihr Kind sein." Spaeter ertappt sie sich bei dem Wunsch, ihr Sohn waere eines der Opfer gewesen – und nicht der Taeter.

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