REZENSION

Januar 2006
Januar 2006
REZENSION

Amos Oz: Eine Geschichte von Liebe und Finsternis, Autorisierte Lesefassung

Sprecher: Ulrich Matthes, Produktion: Der Hörverlag / Rundfunk Berlin-Brandenburg 2005

6 CD, 420 Minuten, 34,95 Euro

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Amos Oz hat mit seinem umfangreichen Text, den er Roman nennt, weil vieles auch Erfindung ist, seinen Eltern, den Grosseltern und Freunden ein Denkmal gesetzt. Dabei geht es Oz auch um den eigenen Werdegang als Schriftsteller.

Der Friedenspreistraeger und Mitbegruender der israelischen Friedensbewegung hat mit seiner "Geschichte von Liebe und Finsternis " nicht nur eine "kunstvolle Mischung aus historischer Rekonstruktion, autobiografischem Diskurs, kulturpolitischer Analyse, psychologischer Charakterdarstellung und anekdotischem Erzaehlen" geschaffen, sondern auch ein Dokument der Geburtsstunden des Staates Israel verfasst.

Fuenfzig Jahre nach dem Selbstmord der Mutter, Amos Oz war zu dem Zeitpunkt 12 Jahre alt, schreibt der Autor erstmals ueber seine Empfindungen. Amos trennt sich vom Vater, zunaechst innerlich, geht in einen Kibbuz und verbringt dort ein ganzes Erwachsenenleben. Und all die Jahre, auch noch, nachdem er und mit ihm seine Frau und seine Familie den Kibbuz Hulda im Jahr 1985 verlassen haben, waehrend er Buch um Buch schreibt - kein Wort ueber seine Mutter.

Ulrich Matthes legt in Oz' verzweifelte Ueberlegungen, den Hass auf die Mutter, die Vorwuerfe gegen sie und die Schuldsuche bei sich selbst, beim Vater, dem unaufhoerlichen Wechselbad der Gefuehle seine Faehigkeiten als Schauspieler. Man kann diesen Teil des Buches nicht ohne grosse innere Bewegung anhoeren. Ulrich Matthes fesselt den Hoerer und erzeugt Empathie durch seine ruhige, warme Stimme, seine Tempoverschiebungen, den ruhigen Vortrag, der die geschilderte innewohnende Ironie aufnimmt. So verfolgt man das Schicksal der Familie Oz aus Odessa, die stellvertretend fuer viele europaeische Juden steht, die ihre Heimat verloren haben und letztendlich nie in Israel angekommen sind. Ihre starke Bindung an Europa konnten sie im fernen Land nie ablegen. Mit der Auswanderung in den dreißiger Jahren haben sie ihre Heimat gegen einen kargen vorderasiatischen Landstrich eingetauscht, wo zwar in Jerusalem alle Tschechow lasen, aber um das Land zu gewinnen, nicht die Buecher wichtig waren, sondern technisches Koennen. Wie zerbrechlich Existenzen im Bewusstsein der Menschen waren, beschreibt minitioes die fast laecherlich wirkende erinnerte Szene, die von den umstaendlich verabredeten Anrufen von Jerusalem nach Tel Aviv berichtet. Auch wenn man sich in der Familie nichts Wesentliches zu sagen hatte, koennte es das letzte Gespraech gewesen sein. Amos Oz war und blieb der Aussenseiter und somit auch der genaue Beobachter und Erfinder seiner Familiensaga und Zeit.

So sagte Amos Oz in einem Interview:

" Dieses Buch ist eine Tragikomoedie ueber die Einwanderer. Nicht nur die juedischen. Menschen kommen voller Hoffnungen in ein Gelobtes Land. Bald kommt Nostalgie auf fuer die alte Heimat, diese Gefuehle werden zensiert. Die Menschen entdecken, dass die neue Heimat kein Paradies ist, und laden all ihr Gepaeck auf die Schultern der naechsten Generation. Die Familie wird zum Kap Canaveral, das Kind die Rakete, die den Ehrgeiz der Familie zum Himmel tragen soll."

Belletristik
Ian McEwan: Saturday
Jutta Voigt: Der Geschmack des Ostens
Tilman Spreckelsen ( Hg.): Mein Vater, der Held.
Zeruya Shalev: Späte Familie
CD's - CD-ROM

Amos Oz: Eine Geschichte von Liebe und Finsternis

Raumschiffe bauen mit Willy Werkel

Gutenachtgeschichten, Herausgegeben von Gabriele Kreis

Jugendbuecher
Martha Heesen: Die Nacht, als Mats nicht heimkam
Tahar Ben Jelloun: Papa, woher kommt der Haß?
Kinderbuch
Karin Koch, Andre Roesler: Emil wird sieben
Deutscher Spielfilm

"Die Wilden Huehner" nach dem Roman " Fuchsalarm" von Cornelia Funke

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