REZENSION

Mai 2006
Mai 2006
REZENSION

Belletristik

Pia Frankenberg: Nora, Rowohlt Verlag, Hamburg 2006, 256 S., Euro 18,90

Alles veraendert sich nach dem 11. September 2001. Jeder in New York fragt den anderen, wo er zum Zeitpunkt der Anschlaege war. Auf einmal sind die taeglichen Alltagsverrichtungen von groesster Wichtigkeit. Auch Nora Elsner, Mitte 40, Single, Deutsche und Uebersetzerin von Sachbuechern, die nun schon lang in der pulsierenden Metropole lebt, stellt ihrem Geliebten, dem stillen Staatsanwalt Steven, diese Frage. Und gleichzeitig registriert Nora das Normale, das Banale, dass " zur Illusion des richtigen Lebens" werden kann.

" Darunter aber gaehnte der Abgrund, das grosse Loch, die Erinnerung an die Verwundbarkeit".

Nora lebt ihr unabhaengiges Leben fern der Heimat. Sie leistet sich ihre Liebhaber, kommt im teuren NY zurecht, hat ihre Bekannten und die Einsamkeit, die sie mal mehr mal weniger schaetzt. Doch die Erinnerungen an die Vergangenheit lassen sie trotz raeumlicher Entfernung nicht los. Mit dem Anschlag tritt auch ihre verhasste Mutter, die ihr Kind mit fuenf Jahren fuer eine Karriere als Schlagersaengerin verlassen hat, wieder deutlich in ihre Gedankenwelt. Und Nora fuehlt sich mit der ihr voellig fremden Amy, deren Interview sie im Fernsehen gesehen hat, eng verbunden. Amy verliert ihren Mann Richard, der als Boersenmakler im World Trade Centre gearbeitet hat. Mit ihren beiden Maedchen ist Amy ohne Vorwarnung und nach einer 12jaehrigen, offenbar harmonischen Ehe allein. Nora fuehlt sich Amy nah, hadert mit ihrem eigenen Leben und rutscht immer mehr in eine Krise. Sie haelt Steven auf Distanz, kann sich ihm nur wenig oeffnen, obwohl sie weiss, dass sie ihn liebt. Als Nora durch Zufall Amy nach laengerer Zeit in einem Supermarkt sieht, beginnt sie ihr eigenes Leben zu vernachlaessigen, um Amy zu verfolgen und zu beobachten. Nora entwickelt sich aber nicht zum typischen Stalker, der seine Opfer einkreist und bedroht. Sie weiss eigentlich gar nicht, was sie will. Viel eher scheint es so, als benoetige sie die Naehe zu Amy, um ueber sich selbst klar zu werden. Nora moechte gern, dass Amy ueber das Tief in ihrem Leben ohne Schaden hinwegkommt. Doch ahnt sie kaum, was Amy durchmacht. Im Anzug ihres Mannes findet Amy einen Zettel mit einem kurzen Text, der vermuten laesst, das Richard eine Affaere oder gar mehr hatte.

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Parallelgeschichten von Nora und Amy die Frage nach dem richtigen Leben und dem Umgang mit Verlusten. Auf intensive, unsentimentale und wenig spektakulaere Weise beschreibt Pia Frankenberg die Schicksale beider Frauen. Kurz werden sie sich begegnen, um dann wieder eigene Wege zu gehen.

" Zum Teufel mit der ewigen Zauderei! Dieser elenden, vornehmen Art, bloss nie eindeutig werden! (..) Gab es etwas Laecherlicheres, als auf Zehenspitzen durchs Leben zu gehen? "


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