WINTER 2006

REZENSION

WINTER 2006

REZENSION

Belletristik

David Klass: Wenn er kommt, dann laufen wir, Arena Verlag, Wuerzburg 2006, 13,95 Euro

“ Die Routine eines Teenagerlebens - Schule, Sport, Freunde, Beziehungen - war so vertraut wie vorhersehbar wie die Gezeiten, die das Wasser in der Barnegat Bay ansteigen und sinken liessen. Und eines Tages kam Troy mit seiner Baseballkappe und seinem Seesack und innerhalb kuerzester Zeit lief alles aus dem Ruder.”

Der siebzehnjaehrige Jeff Hastings erzaehlt von seinen friedfertigen, glaeubigen Eltern und dem beschaulichen Leben in der kleinen Kuestenstadt Peneville in New Jersey, in dem sich die Hastings seit fuenf Jahren wohl fuehlen. Doch alles aendert sich als Jeffs aelterer Bruder Troy vorzeitig begnadigt wird und zu seiner Familie zurueckkehrt. Fuer Jeff verbindet sich mit Troys Gewalttat, immerhin hat er mit einem Messer Billy Shea vorsaetzlich getoetet, schrecklich demuetigende Erinnerungen. Jeff ahnt instinktiv, dass Troys Anwesenheit in Peneville fuer alle in der Familie katastrophal enden wird. Doch die Hastings glauben an Troys Busse und innere Wandlung, die er seinem Vater glaubhaft vorfuehrt. Niemand kann sich erklaeren, woher das Boese kommt, woher Troy, der doch aus einer intakten Familie stammt, seine kriminelle Energie nimmt. Diese Frage laesst Jeff keine Ruhe.

Eindringlich laesst David Klass seinen Ich-Erzaehler von den einschneidenden Ereignissen seit Troys Ankunft erzaehlen. Ab und zu spricht Jeff seine Leser an und schildert seine inneren wie aeusseren Kaempfe gegen den guten Willen der Eltern, ihren Schuldgefuehlen und vor allem ihrer Blindheit gegenueber Troys Verschlagenheit. Die Konfrontation mit der Gefahr hat fuer den 21-jaehrigen Troy etwas Stimulierendes, denn Regeln haben fuer ihn noch nie eine Rolle gespielt. So versucht er auch seinem Bruder Jeff, dessen Leben er fuer gnadenlos langweilig haelt, den Spiegel vorzuhalten, um ihn ohne Erfolg auf seine Seite zu ziehen. Jeffs hilfloser Kampf gegen das sorgsam gehuetete Familiengeheimnis sprengt alle vertrauten Kontakte, die der Jugendliche sich in der Highschool aufgebaut hatte. Er verliert Beth, seine erste grosse Liebe. Da er mit Smitty, seinem besten Freund, aus Scham nicht reden kann, wendet auch er sich von ihm ab und Jeff verlaesst nach einem taetlichen Uebergriff die Fussballmannschaft. Und dann verschwindet ploetzlich Jeffs Mitschueler Tommy Fraser, mit dem Jeff und Troy eine gewalttaetige Auseinandersetzung hatten. Alle Augen richten sich voller Verachtung auf Troy und seine Familie........

Spannend und mitreissend schildert Jeff jede Veraenderung seines Lebens. Der Leser kennt all seine Gedanken. Immerwieder umkreist der Protagonist eine Frage: “ Wie koennen kleine Engel Gottes solche Monster werden?”

In Ansaetzen versucht der amerikanische Autor Antworten zu geben, die jedoch nicht wirklich ueberzeugen. Die Hastings sind keine asoziale, problembeladene Familie. Niemand schlaegt die Kinder oder demuetigt sie. Der Hass oder die Eifersucht auf ein kleines Geschwisterkind gipfelt nicht zwangslaeufig in Mordgedanken und doch ist Troy besessen von seiner Opferrolle in der Familie. Unergruendlich ist die menschliche Psyche. Jeff debattiert mit seinem Lehrer Mr. T. und kommt zu eigenen Schluessen. Troy wird Jeffs Leben nicht zerstoeren und doch bleiben Fragen offen.

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